Pilotprojekt Spiel der Könige Schulfach in der Grundschule Genslerstrasse

"Schach ist viel besser als Mathe"

In einer von fünf Mathestunden üben sich Barmbeker Viertklässler im Schach. Das macht Spaß und fördert logisches Denken.

Von Kathrin Fichtel

Bauer von E2 auf E4. Bildungssenatorin Alexandra Dinges-Dierig (CDU) wählt die spanische Eröffnung. Nach ihrem ersten Schachzug darf Viertklässler Ole mit den weißen Spielfiguren gegen seine Klassenkameradin Johanna antreten. Die Auftaktpartie des Projekts "Schach statt Mathe" in der Grundschule Genslerstraße ist in vollem Gange.

Schach als Schulfach einzurichten - diesen Schritt traut sich die Grundschule in Barmbek-Nord als erste in Hamburg. In einer der fünf Mathematikstunden pro Woche üben die Kleinen das logische Denken mit Pferd, Dame und Bauern. "Mathematik heißt nachdenken", sagt Schulleiterin Monika Küsel-Pelz. "Je früher Kinder durch Schach spielerisch herangeführt werden, umso leichter fällt es ihnen, Probleme in der Mathematik und im Alltag zu lösen." Nach den Herbstferien ging die Pilotphase los, mit dem Eröffnungszug von Schirmherrin Dinges-Dierig wurde das Projekt nun offiziell eröffnet.

Den Kindern macht das Strategiespiel sichtlich Spaß. "Viel besser als Mathe!", findet Johanna (10) den Schachunterricht. Ihr Klassenkamerad Ole (9) mag beides, denn "Schach ist ja auch Mathe. Dabei kann man multiplizieren und Tabellen lesen üben." Und nicht nur das: Schachunterricht verbessert die Leistungen in allen Fächern. Das beweist eine Studie, die die Universität Trier an der Olewig-Grundschule durchführte. Die wöchentliche Unterrichtsstunde Schach brachte nach vier Jahren ein verblüffendes Resultat: Bei Vergleichstests schnitten die Olewig-Schüler in Mathe und Leseverständnis doppelt so gut ab wie der Landesdurchschnitt in Rheinland-Pfalz, in Sprachverständnis sogar dreimal so gut. Natürlich muss das anspruchsvolle Brettspiel kindgerecht vermittelt werden. Dafür sorgt an der Grundschule Genslerstraße Schachreferent Björn Lengwenus, der die Mathematiklehrer schult und den Kindern erste Grundlagen beigebracht hat. Den Wert der Schachfiguren vergleicht er mit Eiskugeln: Ein Bauer zählt eine, der Turm fünf und die Dame ganze neun Eiskugeln. Aber: "Eine Eiskugel mehr oder weniger entscheidet noch nicht, wer die Eisdiele gewinnt!"

Mit einem gejubelten "schachmatt!" des neunjährigen Ole geht die Auftaktpartie im Beisein von Senatorin Dinges-Dierig zu Ende. Verloren hat Kontrahentin Johanna trotzdem nicht: hat sie doch gerade ihr strategisches und räumliches Denken, ihr Selbstbewusstsein, ihr Konzentrationsvermögen und ihre Ausdauer spielend verbessert.

erschienen am 15. Februar 2008 im Hamburger Abendblatt